Agrarforschung
Schätzung von Populationsparametern zur Optimierung der Züchtung auf verbesserte Stickstoffeffizienz bei Mais
Universität Hohenheim
Institut für Pflanzenzüchtung, Saatgutforschung und Populationsgenetik
H. H. Geiger, G. Seitz und T. Presterl
1992 - 1994
Problemstellung
Durch die Intensivierung des Maisanbaus in den vergangenen Jahrzehnten stieg die Belastung des Grundwassers mit Nitrat und Pflanzenschutzmitteln stark an. Im Rahmen der SchALVO (Schutzgebiets- und Ausgleichs-Verordnung) fördert der Gesetzgeber in Baden-Württemberg verschiedene Maßnahmen zum Schutz der Trinkwassereinzugsgebiete. Die dabei angestrebte Reduzierung der Stickstoffdüngung führt zu einem Bedarf an Maissorten, die auch bei geringer N-Versorgung noch gute Erträge erzielen. In bisher zwei Gemeinschaftsprojekten der Universität Hohenheim, dem Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Baden-Württemberg und der Kleinwanzlebener Saatzucht AG (KWS) wurden die Voraussetzungen für die Züchtung stickstoffeffizienter Körnermaissorten geprüft.
Ziel
Ziel war die Schätzung von Parametern, die für die Wahl der besten Züchtungsstrategie und zur Optimierung der einzelnen Züchtungsschritte bei der Entwicklung von Maishybriden mit verbesserter N-Effizienz benötigt werden. Im einzelnen sollten dabei folgende Fragestellungen beantwortet werden:
- Bestehen in dem auf N Effizienz selektierten Material Unterschiede in der N Aufnahme und -Verwertungseffizienz?
- Welche Bedeutung haben die allgemeine und die spezifische Kombinationsfähigkeit für die Anpassung von Körnermaisgenotypen an eine reduzierte Stickstoffversorgung?
- Welche Beziehungen bestehen zwischen der Eigenleistung und der Testkreuzungsleistung bei Linien früher Selbstungsgenerationen unter niedriger im Vergleich zu hoher N Versorgung?
- Inwieweit eignen sich der Blattchlorophyllgehalt und das Zeitintervall zwischen männlicher und weiblicher Blüte zur Vorselektion N effizienter Inzuchtlinien?
- Kann die genetische Variation der N Effizienz im aktuellen Zuchtmaterial durch die Einbeziehung von alten Landsorten (Populationen) erhöht werden?
Untersuchungsmethode
Zur Beantwortung der züchterischen Fragestellungen wurden in den Jahren 1992 bis 1994 mehrortige (Stuttgart-Hohenheim, Eckartsweier bei Offenburg, Emmendingen am Kaiserstuhl und Walldorf bei Heidelberg) Feldversuche mit zwei Düngungsstufen (ohne N-Düngung versus aufgedüngt auf 200 kg N/ha) durchgeführt. Die geprüften Genotypen stammten aus aktuellem Maiszuchtmaterial der KWS und aus züchterisch wenig bearbeiteten Landsorten mit hoher Stickstoffeffizienz. Im Versuchsjahr 1992 konnten 25 Low- und High-Input-Hybriden angebaut werden, deren Elternlinien in Vorversuchen jeweils unter niedriger bzw. hoher N-Versorgung selektiert wurden. Die Bestimmung des Ertrags und N-Gehalts wurde an diesen Hybriden getrennt für Kolben und Restpflanze durchgeführt. Als Maß für die N-Aufnahmeeffizienz diente der N-Ertrag aller oberirdischen Pflanzenteile, für die N-Verwertungseffizienz das Verhältnis des Kornertrags zum N-Ertrag.
Ergebnis
Durch den Vergleich der Low- mit den High-Hybriden in den Experimenten 1992 konnte gezeigt werden, daß die Selektion bei geringer bzw. hoher N-Versorgung zu Genotypen mit einer Anpassung an das jeweilige N-Niveau führte. Die Anpassung der Low-Input-Genotypen an niedrige N-Versorgung war mit einer signifikant höheren N-Aufnahme verbunden, während die N-Verwertungseffizienz unverändert blieb. Für die Pflanzenzüchtung könnte es nun sinnvoll sein, neben der N-Aufnahme auch die N-Verwertung gezielt zu verbessern, da Genotypen mit gleichzeitig hoher N-Aufnahme und -Verwertung unter Bedingungen mit geringer N-Versorgung überlegene Leistungen erzielen. Die getrennte Erfassung der beiden Effizienzmerkmale ist jedoch relativ aufwendig, wodurch ihre Brauchbarkeit als Selektionsmerkmal stark eingeschränkt wird. Die Selektion auf Kornertrag unter geringer N-Versorgung ist deshalb weiterhin die effektivste Vorgehensweise, um die Stickstoffeffizienz von Körnermais zu steigern. Die beiden Effizienzparameter sind beispielsweise bei der Untersuchung einer begrenzten Anzahl von Eltern für Kreuzungsprogramme einsetzbar.
In den Versuchen 1993 konnten, in Abhängigkeit von der N-Versorgung, Schätzwerte für die allgemeine (GCA) und spezifische (SCA) Kombinationsfähigkeit der geprüften Linien ermittelt werden. Dadurch kann im Zuchtprozeß der optimale Zeitpunkt für eine Prüfung des Materials unter N-Mangelbedingungen bestimmt werden. Die beobachteten, signifikanten GCA-Varianzen und deren Interaktionen mit der N-Versorgung können durch Topcross-Tests in frühen Generationen der Materialentwicklung genutzt werden. Da die Wechselwirkung zwischen SCA und N-Stufe eine bedeutende Größe war, ist eine Beurteilung der Linien erst nach einer abschließenden Prüfung von Experimentalhybriden möglich.
Testkreuzungsnachkommenschaften der aus offenbestäubten Populationen (Landsorten) entwickelten S2-Linien erwiesen sich in der Prüfung 1994, vor allem bei geringer N-Versorgung, der mitgeprüften Standardsorte überlegen. Die Einbeziehung dieser Populationen in aktuelles Zuchtmaterial kann deshalb zu einer Verbesserung der Stickstoffeffizienz beitragen.
Die Korrelation zwischen Linieneigenleistung und Testkreuzungsleistung für das Merkmal Kornertrag und für indirekte Selektionsmerkmale wie Blattchlorophyllgehalt und Blühintervall zeigten bei geringer N-Versorgung höhere Werte als unter konventionell gedüngten Verhältnissen. Die gemessenen Korrelationsschätzwerte lagen in der Regel im mittleren Bereich. Anhand der Linieneigenleistung ist deshalb eine schwache Vorselektion auf die N-Effizienz potentieller Hybriden möglich. Dazu ist es aber notwendig, die Inzuchtlinien bereits im Zuchtgarten auch unter N-Mangel anzubauen.
Konsequenzen für die Praxis
Die in den vorliegenden Untersuchungen gefundene Interaktion zwischen Genotyp und N-Stufe bestätigt die Ergebnisse der Versuche von 1989 bis 1992 wonach eine züchterische Anpassung von Mais an Bedingungen mit reduzierter N-Düngung möglich ist. Die genetischen Parameter dienen der Pflanzenzüchtung als Entscheidungshilfe zur Optimierung der Züchtung auf verbesserte N-Effizienz. Die besten Linien werden von der KWS direkt als Erbkomponenten von Hybridsorten und zur Erweiterung ihres züchterischen Basismaterials genutzt. Wie intensiv die private Pflanzenzüchtung sich der Entwicklung von Low-Input-Sorten widmen wird, hängt vor allem von den zukünftigen agrarpolitischen Rahmenbedingungen (Ausdehnung der Wasserschutzgebiete, Stickstoffsteuer etc.) ab. Wichtig wäre zudem die Berücksichtigung des Merkmals N-Effizienz bei der Zulassung durch das Bundessortenamt.
Literatur:
Abschlußbericht 1995
Fördernde Institution: MLR |
Förderkennzeichen: 23 - 92 . 9 |