Forschungsreport
Molekulare und züchterische Charakterisierung verschiedener CMS-Quellen für die Hybridzüchtung bei Triticale
Abschlußbericht (Kurzfassung)
Förderkennzeichen: Projekt-Nr. 0125 E / 0125 F
Dr. Eva Bauer
Universität Hohenheim, Landessaatzuchtanstalt (720) 70593 Stuttgart
April 1999 bis März 2003
Problemstellung
Triticale wird derzeit zuchtmethodisch als Selbstbefruchter behandelt. Bei den zugelassenen Sorten handelt es sich um weitgehend homozygote und homogene Linien. Bisherige an der Landessaatzuchtanstalt und am CIMMYT erarbeitete Ergebnisse zur Heterosis und Hybridleistung deuten jedoch eine Überlegenheit der Hybriden gegenüber Liniensorten an. Für eine erfolgreiche Hybridzüchtung sind verschiedene Voraussetzungen nötig. Zum einen stehen Untersuchungen zu eventuell vorhandenen Genpools und heterotischen Mustern an, um eine gezielte Elternwahl zu ermöglichen. Des weiteren bedarf es eines Systems zur Bestäubungslenkung bei der Herstellung der Hybriden. In bisherigen Experimenten wurden entweder mit großem Aufwand Handkreuzungen durchgeführt oder Gametozide eingesetzt, die in den Mutterlinien männliche Sterilität hervorrufen. Die Problematik beim Einsatz von Gametoziden ist jedoch, dass sie toxikologisch nicht unbedenklich sind und die zukünftige Verfügbarkeit eines in Triticale wirksamen Mittels nicht sichergestellt ist. Längerfristig gesehen bietet sich die Nutzung eines biologischen Mechanismus unter Einlagerung sterilitätsinduzierender Cytoplasmen an, welche zu cytoplasmatisch-genischer männlicher Sterilität (CMS) führen. Vor Beginn des Projektes standen jedoch nur Cytoplasmaquellen in nicht adaptiertem Material zur Verfügung, daher musste eine Einlagerung in aktuelles Winterzuchtmaterial erfolgen. Über die molekularen Unterschiede der Cytoplasmen gab es bisher kaum Erkenntnisse.
Ziel
Um die verfügbaren sterilitätsinduzierenden Cytoplasma-Quellen (CMS-Quellen) für die Züchtung nutzbar zu machen, war zunächst eine Charakterisierung und Prüfung der Linien unter hiesigen Anbaubedingungen erforderlich. Außerdem war eine Einlagerung der Cytoplasmen in aktuelles Wintertriticale Zuchtmaterial durch wiederholte Rückkreuzungen nötig. In diesen Rückkreuzungsprogrammen sollten in mehreren Umwelten stabile sterile Linien identifiziert werden, die den Ausgangspunkt für einen späteren mütterlichen Genpool in der Hybridzüchtung bilden können. Neben diesen Nichtrestorerlinien, die den sterilen Phänotyp erhalten sind jedoch auch Restorerlinien nötig zur Wiederherstellung der Fertilität im kommerziellen Saatgut.
Da die Herkunft der Cytoplasmen nicht in allen Fällen eindeutig war, wurden molekulare Analysen zur Differenzierung der Cytoplasmen anhand ihrer mitochondrialen DNA (mtDNA) durchgeführt. Es sollten PCR-gestützte Marker entwickelt werden, die eine Unterscheidung der möglichen Cytoplasmadonoren aus verschiedenen Arten (Triticum timopheevi, T. aestivum, T. durum, Secale cereale), unter Umständen aber auch unterschiedlicher Cytoplasmen innerhalb der Arten erlauben.
Untersuchungsmethode
Es standen mehrere Triticalegenotypen im CMS-Cytoplasma und als Normalform (N), zur Verfügung. Die N-Form enthält "normales", also nicht sterilitätsinduzierendes Triticalecytoplasma. Im Rahmen des züchterischen Arbeitsteils stand die Erfassung der Stabilität der CMS-vermittelten Sterilität der verschiedenen Linien und deren Einlagerung in aktuelles Winterzuchtmaterial an erster Stelle. Die weiteren Arbeiten konzentrierten sich auf die Suche nach geeigneten Restorer- und Nichtrestorerlinien für die definierten Cytoplasmen. Im molekularen Arbeitsteil wurden anhand von Sequenzvergleichen Marker auf Basis der Polymerase-Kettenreaktion (Polymerase Chain Reaction, PCR) zur Differenzierung verschiedener Cytoplasmen etabliert. Hierfür wurden spezifische Primer für die PCR entwickelt und mtDNA-Fragmente von Pflanzen mit N- bzw. CMS-Cytoplasma in Plasmide kloniert und anschließend sequenziert.
Ergebnis
In fünf Jahren (1998-2002) wurden insgesamt über 1.100 Kreuzungen zwischen den sterilen CMS-Linien und Linien aus dem jeweils aktuellen Winterzuchtmaterial durchgeführt, um F1-Pflanzen im CMS-Cytoplasma zu erstellen. Diese F1-Pflanzen wurden jeweils in vier Umwelten hinsichtlich ihrer Sterilität geprüft. Da sich drei der vier verfügbaren CMS-Quellen als nicht zufriedenstellend erwiesen, konzentrierten sich die Arbeiten auf die verbliebene CMS-Quelle, die auf das Cytoplasma von Triticum timopheevi zurückgeht.
Pro Kreuzungsjahr lag der Anteil stabil steriler Linien bei etwa 12%. Auch im weiteren Verlauf der Rückkreuzungen traten immer wieder Pflanzen auf, die keine ausreichende Sterilität zeigten und daher nicht weiter rückgekreuzt wurden. Dies bedeutet, dass der größte Teil der verwendeten Wintertriticale Restaurationseignung besitzen und daher zunächst die Suche nach Nichtrestorern im Vordergrund steht.
Die sterilen Linien wurden weiter rückgekreuzt und zum Teil bereits bis in die fünfte Rückkreuzungsgeneration (BC5) fortgeführt. Im Anbaujahr 2002/2003 können bereits 9 BC5-Linien in Isolierparzellen vermehrt werden, um ausreichend Saatgut für die erste Erstellung von Experimentalhybriden zu produzieren. Diese ersten Hybriden auf CMS-Basis können im Jahr 2004/2005 in mehrortigen Leistungsprüfungen getestet werden.
Auf molekularer Ebene wurden vier mtDNA-Sequenzen (atp9, coxI, orf25, orf256) aus Sequenzdatenbanken für die Untersuchungen ausgewählt. Zunächst wurden erfolgreich spezifische Primer für die PCR-Reaktion in Triticale entwickelt. Bei den Sequenzen für atp9, coxI und orf25 konnten keine Unterschiede zwischen Linien mit N- bzw. CMS-Cytoplasma festgestellt werden. orf256 erlaubte eine Differenzierung zwischen weizen- und roggenspezifischen Sequenzen, jedoch nicht innerhalb der Weizencytoplasmen (T. timopheevi, T. aestivum, T. durum). Allerdings war der Nachweis roggenspezifischer Sequenzen unerwartet, da Roggen (Secale cereale) bei der Herstellung des Gattungsbastards Triticale nur als Vaterpflanze eingesetzt wurde und bei rein maternaler Vererbung des Cytoplasmas keine Roggensequenzen erwartet werden. Überdies wurden in Pflanzen mit N-Cytoplasma Sequenzmischungen detektiert, ein Phänomen, das als Heteroplasmie bezeichnet wird. Die Ursachen und das Ausmaß der Heteroplasmie, sowie deren Einfluss auf die Sterilität der Linien muss in Zukunft noch weiter untersucht werden.
Konsequenzen für die Praxis
Das Projekt zielte darauf ab, adaptiertes Material mit eingelagerten CMS-Cytoplasmen zu erstellen und zu charakterisieren. Die Identifizierung einer stabilen CMS-Quelle ist die Basis für den Einstieg in die Hybridzüchtung bei Triticale. Derart weiterentwickeltes Material kann an Pflanzenzüchter abgegeben werden zur weiteren Prüfung und Verwendung in Hybridzüchtungsprogrammen. Die Suche nach zuverlässigen Restorer- und Nichtrestorerlinien muss jedoch weiterbetrieben werden, um eine ausreichende genetische Variation auf Seiten des Saatelters (Nichtrestorer) zu schaffen. In anderen Untersuchungen wird derzeit die Frage der heterotischen Muster im Triticalegenpool geklärt. Dies ist zusammen mit einem stabilen CMS-System Voraussetzung für eine erfolgreiche Hybridzüchtung. Molekulare Marker für das Kerngenom können bei der Pooleinteilung helfen, während molekulare Marker für mtDNA die Identifizierung der Cytoplasmen unterstützen.