Agrarforschung
Az.: 33-8802.27 - Zwischenbericht - Forschungsprojekt Nr. 0020
„Reduzierung von Methanol in Obstbränden unter besonderer Berücksichtigung von Williams-Christ-Bränden, Zwetschgen
und Weintrestern"
1997 standen durch den sehr geringen Ernteanfall an Obst zunächst gewisse Probleme an. Insbesondere bei Anlagen mit heimischen Williams-Christ-Birnen war der Fruchtansatz durch die Frühjahrsfröste vielerorts vollständig ausgeblieben. Durch die aktive Mithilfe der Kleinbrennereiverbände aus Baden-Württemberg wurden aber Lösungen gefunden. Außerdem traten bei der Beschaffung sowie der Genehmigung der Versuchsbrennanlagen unerwartete Verzögerungen auf.
Wie schon im Forschungsantrag beschrieben, wird die Grundanalytik für die einzelnen Versuchsansätze und das Abbrennen der Obstmaischen jeweils in Weinsberg oder in Hohenheim direkt durchgeführt, während die flüchtigen Inhaltsstoffe der anfallenden Destillatfraktionen gaschromatographisch nur in Hohenheim bestimmt werden.
In Anbetracht der gegenüber dem Originalantrag deutlich gekürzten Mittel, der sehr komplexen Materie sowie vieler bereits durchgeführter und laufender Versuche an anderen Instituten sind wir über einen offenen, konstruktiven Meinungsaustausch mit Fachkollegen froh. So wird seit Jahren eine gute Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Dr. Ludwig Adam in Weihenstephan, Lehrstuhl für Allgemeine Lebensmitteltechnologie, gepflegt, die sich u.a. mit ihrer EG-Studie zur Verringerung von Methanol in Obstbränden einen guten Namen gemacht hat. Auch die Arbeitsgruppe von lic.rer.nat. Pierre Georges von der Eidgenössischen Alkoholverwaltung in Bern, welche sich mit dem gleichen Thema beschäftigt, hat uns bisher unveröffentlichte Ergebnisse mitgeteilt.
Versuche an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg
Für das Brennen von Obstmaischeproben im Kleinbrennereimaßstab steht an der LVWO in Weinsberg eine Brennanlage, die auf einen technologisch aktuellen Stand gebracht wurde, mit 150 l Blaseninhalt mit Rührgerät und Verstärkeraufsatz (3 Siebböden und 1 Dephlegmator) der Firma Christian Carl aus Göppingen zur Verfügung. Zur Ermöglichung orientierender Untersuchungen von Proben im halbtechnischen Maßstab, die zunächst für analytische und sensorische Untersuchungen ausreichen, wurde 1997 für obiges Projekt im Maßstab 1 : 10 eine Labor-Versuchsbrennanlage von der Fa. Christian Carl vom gleichen Typ für die LVWO erstellt.
In Weinsberg führt Dr. Röhrig bisher Versuche sowohl mit Williams-Christ-Birnen als auch mit Zwetschgen und Äpfeln aus Württemberg durch, die vorerst folgende Hinweise lieferten:
- Frühe Ernte bzw. harte Birnen führen zu höheren Methanolwerten. Das gilt auch für Maischen, die ohne Reinzuchthefe vergoren werden. Bei Rubinette-Äpfeln kommt es nach Zusatz verschiedener Pektinenzyme, die zur Verflüssigung der Maischen ohne Wasserzusatz eingesetzt werden, im Vergleich zur unbehandelten Probe zu Methanolerhöhungen zwischen 5,5 und 12 %.
- Enzymierung von Williams mit „Pektinex ultra" ergibt keine eindeutig höheren Methanolgehalte. Den gleichen Effekt zeigt der Zusatz von „Savinase".
- Niedrigere Methanolwerte wurden bei Williams und Zwetschgen durch Maischeerhitzung auf 65°C, 5 min lang, und anschließender Rückkühlung zur Vergärung erzielt. Desgleichen „wirkt" der Zusatz des Detergenzes „Marlon" sowie des Gerbstoffes Tannin in Form von „Tannivin" auf die Freisetzung von Methanol reduzierend.
Versuche an der Landesanstalt für Landwirtschaftl. Chemie der Universität Hohenheim
Für die Versuche in Hohenheim wurden Williams-Christ-Birnen von 2 Standorten aus dem Bodenseegebiet kurz vor der Reife geerntet, im Labor in Steigen gerade bis zum „Teigwerden" nachgereift und in 10 kg-Partien sofort eingeschlagen. Trotz Ansäuerung wiesen alle Maischen nach über 6-monatiger Gär- und Lagerzeit gravierende Verderbnissymptone auf, die sich beim Brennen u.a. in enormen Vorlaufanteilen, niedrigen Ausbeuten und sensorisch unbefriedigenden Mittellaufqualitäten widerspiegelten.
Die Versuchsproben werden hier auf einer Laboranlage mit 15 l (effektiv 12 l) Blaseninhalt abgebrannt . Das Brenngerät entspricht im Maßstab 1 : 10 einem modernen Gerätetyp der Fa. U. Kothe in Eislingen. Es ist mit Rührgerät und Verstärker (3 Glockenböden und Doppeldephlegmator) sowie einem Doppelkasettenkatalysator, der zugeschaltet werden kann, ausgerüstet. Außerdem besitzt es Meßfühlerzugänge an verschiedenen Stellen der Brennblase und des Verstärkers sowie eine Begasungsmöglichkeit in den Brennhafen. Diese Anlage wurde uns verspätet Anfang November 1997 zunächst bis Mitte 2001 als Leihgabe kostenlos von der Fa. Kothe zur Verfügung gestellt.
Aus uns unerklärlichen Gründen hat sich die Genehmigungszeit zum Betreiben der Versuchsbrennanlagen über 13 Wochen lang hingezogen. Sowohl das Hauptzollamt Stuttgart, die Oberfinanzdirektion Stuttgart als auch das Bundesmonopolamt in Offenburg haben wir mehrfach nicht nur auf die Dringlichkeit der Versuche, sondern auch auf die Gefahr hingewiesen, daß die Versuche schief laufen könnten und dabei nicht nur für uns viel Zeit und Personalwand unnütz verbraucht würden, sondern auch erhebliche Steuergelder auf dem Spiel ständen. Mit der späten Genehmigung und den Vorschriften des Hauptzollamtes Stuttgart zum Betreiben der Versuchsbrennanlage in Hohenheim sind wir nicht sehr zufrieden. Denn wir wissen in diesem Zusammenhang, daß in München in einem ähnlich gelagerten Fall offenbar innerhalb kürzester Zeit die Betriebserlaubnis erteilt wurde und ohne bürokratische Auflagen der Forschung viel Freiraum gewährt wird.
Erste Schlußfolgerungen
Die bisherigen Brennversuche, auch der Kollegen Dr. Adam und lic.rer.nat. Georges zeigen auf, daß durch verschiedene Brenntechniken der Methanolgehalt im Mittelauf kaum beeinflußt werden kann. Bei den Versuchen mit verschiedenen „Katalysatoren" zeichnen sich noch keine wegweisenden Befunde ab. Lediglich relativ teure Silberwolle als Adsorbenz führte zu Methanolreduzierungen von bis zu 20 %. Hier wird noch weiter experimentiert. Am Hoffnungsvollsten erscheint nach den Untersuchungen von Adam, Georges und ergänzend von uns die Verwendung von Reinzuchthefen beim Vergären. Warum es allerdings hier von Heferasse zu Heferasse deutliche Unterschiede gibt, liegt hypothetisch daran, daß die einzelnen Rassen anscheinend abweichend voneinander die Pektinesterase und damit die Freisetzung von Methanol aus Pektin hemmen können. Jedenfalls lassen sich hier um bis zu 20 % erniedrigte Methanolgehalte in den späteren Destillaten erhalten.
Auf der einen Seite ist für aufgeschlossene Praktiker der Einsatz von Reinzuchthefen beim Einmaischen von Obststoffen heute bereits üblich, da Weinhefen die Reintönigkeit von Gärungen fördern, was letztendlich den Ausbeuten und den Destillatqualitäten zugute kommt. Diese Maßnahme läßt sich sicherlich ohne Schwierigkeiten noch weiter durchsetzen. Auf der anderen Seite müßte der Brenner zukünftig auf den Zusatz von Pektinenzymen verzichten, wenn der geringere Methanolgehalt erhalten bleiben sollte. Denn mit zugefügten Enzymen würden sonst doch noch die gesamten Methanolanteile aus dem Fruchtpektin freigesetzt. Dickbreiige Obstmaischen erfordern jedoch zum Vergären und Abbrennen in der Regel einen mehr oder weniger hohen Wasserzusatz, was mehr Zeit und einen erhöhten Energieeinsatz beim Brennen erfordert sowie zugleich zu geringeren Alkoholausbeuten führt.
In Kürze werden wir uns ergänzend zu diesem Forschungsvorhaben ein aktuelles Bild über die Methanolgehalte von Obstbränden aus Kleinbrennereien machen können. An der Landesanstalt analysieren wir zur Zeit rund 800 Proben des 1. Internationalen DLG-Qualitätswettbewerbes für Obstbrände aus Kleinbetrieben 1998. Davon stammen über die Hälfte der Proben aus Baden-Württemberg.
Dr. W. Bartels
Fördernde Institution: MLR |
Förderkennzeichen: 0020 |