Agrarforschung
Standortseignung und ökologische Bewertung verschiedener Baumarten für Kurzumtriebswälder in Baden-Württemberg
R.Unseld, Universität Freiburg, Waldbau-Institut
Juli 1995 - Juni 1997
Problemstellung und Ziel
Angesichts der Begrenztheit fossiler Brennstoffe und den damit verbundenen negativen Folgen für die Umwelt bei ihrer Verbrennung soll Biomasse verstärkt energetisch genutzt werden. Daneben wird in der Produktion und Vermarktung von Biomasse auf landwirtschaftlichen Stillegungsflächen eine neue Einkommensmöglichkeit für Landwirte gesehen, die zudem eine Überproduktion von Nahrungsmitteln verhindern soll. Eine Möglichkeit der Biomassenproduktion auf Stillegungsflächen ist der Anbau von Kurzumtriebswäldern mit schnellwachsenden Bäumen. Hierfür wurden bislang üblicherweise Pappel und Korbweidenarten empfohlen. Es ist anzunehmen, daß sich diese Arten nur bedingt für den Anbau auf Grenzertragsflächen eignen, da sie im allgemeinen hohe Ansprüche an den Standort stellen.
Im Jahr 1988 wurden deshalb von der Landesforstverwaltung Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Waldbau-Institut der Universität Freiburg Versuche auf fünf landwirtschaftlichen Grenzertragsstandorten eingeleitet. Neben mehreren Sorten von Balsampappeln, Balsampappelhybriden und Korbweiden wurden weitere 17 Baumarten angebaut. Es wurde sich mit zwei Fragestellungen befasst:
- Welche Baumarten sind neben Pappeln und Korbweiden aufgrund ihrer Biomassenproduktion und ihres Regenerationsvermögens zur Kurzumtriebsbewirtschaftung geeignet?
- Welche bodenökologischen Auswirkungen hat die Kurzumtriebswirtschaft in Abhängigkeit zu den gewählten Baumarten?
Wachstumskundliche Untersuchungen
Anwuchserfolg: Zählen aller noch vorhandenen Bäume im Winter 1995/96 und Bestimmung der Anwuchsprozente anhand der Ausgangspflanzdichte bei Versuchsflächenbegründung.
Absolut trockene (atro) Bestandesbiomasse: Für jede Baumart, getrennt nach Versuchsflächen, Berechnung von Regressionsgleichungen mit den Variablen BHD und Biomassengewicht mit Hilfe von Stichprobebäumen. Bestimmung des Gewichts aller vorhandenen Bäume. Abzug des jeweiligen Wassergehalts und hektarbezogene Hochrechnungen.
Regeneration aus Stockausschlag: Auf-den-Stock-Setzen der Bäume nach acht Jahren. Räumung der Flächen manuell oder mit Hilfe von Hackern. Aufnahme der Stockausschlagshöhen und der Anzahl von Trieben aus Wurzelbrut.
Ergebnisse
Anwuchserfolg
Ein erfolgreicher Anwuchs ist Voraussetzung für eine hohe Biomassenproduktion. Es erwies sich, daß die meisten Baumarten - außer Birken und Aspen - gut anwuchsen. Besonders zu-verlässig zeigten sich Balsampappel- und Korbweidenstecklinge. Es wurde zudem deutlich, daß Wildverbiß oder konkurrierende Begleitvegetation bei fast allen Baumarten den Anwuchserfolg gefährden können.
Biomassenproduktion
Auf den verschiedenen Versuchsstandorten stellten sich wesentliche Unterschiede ein. Als leistungs-fähigster Standort erwies sich ein mooriger Boden im submontanen Bereich. Auch die untersuchten Baumarten unterschieden sich auf einheitlichem Standort erheblich in ihrer Produktionsleistung. So produzierten beispielsweise Grauerlen auf dem leistungsfähigsten Moorstandort Biomassen von bis zu 20 t a -1 ha -1 Trockensubstanz. Andere Baumarten leisteten auf dem gleichen Standort dagegen nur geringe Biomassen. Auf den anderen Versuchsstandorten, die einheitlich durch sommerliche Bodentrockenheit gekennzeichnet waren, wurden trotz guter Nährelementausstattung von den wüchsigsten Baumarten maximal 7 - 8 t a -1 ha -1 Trockensubstanz produziert. Viele Baumarten erreichten dort nur 1-2t a -1 ha -1 .
Besonders hervorzuheben ist, daß auf jedem der fünf Versuchsflächen mindestens zwei weitere Baumarten eine größere Wuchsleistung erzielten als Pappeln und Korbweiden. Auf dem sehr wüchsigen Moorstandort waren dies Schwarz- und Grauerlen, auf basenreichen, montanen Standorten Salweiden und Grauerlen und auf einem tonig kollinen Standort Robinien und Schwarzerlen.
Regeneration aus Stockausschlag
Das Wachstum einiger Baumarten wurde erheblich durch Wildverbiß und konkurrierende Bodenvegetation sowie bei Pappeln auf staunassem Boden durch Wurzel- bzw. Stockfäule beeinträchtigt.
Einjährige Stockausschläge von Pappeln und Robinien waren auf allen Standorten denen anderer Baumarten an Höhenwachstum überlegen. Der Anteil an Vejüngung aus Wurzelbrut war bei Aspen, Grauerlen und Robinien hoch. Damit fällen sie Fehlstellen aus und können zu einer Erhöhung der Biomassenproduktion beisteuern.
Bodenökologische Untersuchungen
Die stickstoffbindenden Erlen und Robinien erwiesen sich auf den Versuchsflächen als sehr wüchsig und ihre Wirkungen auf den Boden waren von besonderem Interesse. Unter diesen Baumarten und zum Vergleich unter den für die für die Kurzumtriebsbewirtschaftung üblicherweise empfohlenen Balsampappeln sollte beobachtet werden, welche Bodenveränderungen durch die Bestockung im Boden vor sich gingen. Schwerpunktmäßig wurde die Humus- und Stickstoffanreicherung, die Stickstoffversorgung sowie eventuell auftretende Nitratauswaschungen untersucht und die Baumarten hinsichtlich dieser Eigenschaften bewertet.
Untersuchungsmethode
Humus- und Stickstoffanreicherung
Entnahme von Proben der festen Bodensubstanz mittels Stechzylinder. Zum Vergleich dienten Bodenproben von unbestockten Teilen ("Brache") der Versuchsflächen.
Stickstoffversorgung
Entnahme von Bodenwasserproben mittels Saugkerzen im Hauptwurzelraum sowie Analyse der Stickstoffgehalte in den Blättern achtjähriger Balsampappeln, Erlen und Robinien.
Nitrataustrag
Auf den stauwasserunbeeinflußten Versuchsstandorten Entnahme von Bodenwasserproben mittels Saugkerzen unterhalb des Hauptwurzelrums achtjähriger Balsampappeln, Erlen und Robinien. Berechnung des Stickstoffaustrags mit Hilfe der klimatischen Wasserbilanz.
Ergebnisse
Humus- und Stickstoffanreicherung
Die meisten Böden unter den Erlen und Robinien waren im Vergleich zu den Böden unter Brache und den Pappeln deutlich humus- und stickstoffreicher.
Stickstoffversorgung der Baumarten
Im Bodenwasser wurden unter den Erlen und Robinien deutlich höhere Nitratkonzentrationen gemessen als unter den Pappeln. Unter den Pappeln auf den montanen Kalkstandorten waren die Konzentrationen im Bodenwasser so gering, daß eine schlechte Stickstoffversorgung vermutet werden mußte.
Diese Beobachtung konnte anhand der Stickstoffgehalte in den Pappelblättern bestätigt werden.
Nitrataustrag unter den Versuchsbaumarten
Unter Brache und Pappeln blieben die Stickstofausträge im Bodensickerwasser sehr gering. Unter Erlen und Robinien dagegen waren die Nitratkonzentrationen erhöht und es wurden jährlich größere Mengen an Stickstoff ausgewaschen. Im Vergleich zu den meisten landwirtschaftlichen Kulturen sind die Austräge dennoch als eher gering zu bewerten.
Konsequenzen für die Praxis
Auf den Grenzstandorten waren Baumarten wie Salweide, Grau-/Schwarzerle und Robinie den üblicherweise empfohlenen Balsampappeln und Korbweiden an Wachstum überlegen. Sie kommen den vorliegenden Untersuchungen zur Folge sowohl hinsichtlich der Biomassenproduktion als auch des Stockausschlagsverhaltens zur Kurzumtriebsbewirtschaftung auf Grenzertragsstandorten in Frage. Die hohe Produktivität der Erlen auf den montanen Kalkstandorten und den basenreichen moorigen Standorten dürfte mit den Untersuchungen weitestgehend abgesichert sein. Dagegen bestehen bei Salweiden und Robinien noch gewisse Unsicherheiten, so daß ihr gutes Wachstum mit großflächigeren Versuchen bestätigt werden sollte.
Neben ihrer Raschwüchsigkeit hatten Erlen und Robinien zusätzlich die Eigenschaft, in einem relativ kurzen Zeitraum wichtige Bodeneigenschaften wie den Humusgehalt positiv zu beeinflussen. Bei der Bewirtschaftung dieser Baumarten braucht eine Stickstoffdüngung im Gegensatz zu Pappeln nicht durchgeführt werden. Probleme können allerdings durch erhöhte Nitratausträge entstehen. Ein Anbau dieser Baumarten auf durchlässigem Substrat wird deshalb nicht empfohlen. Auf den meisten Standorten durfte dieser Nachteil allerdings in einem vertretbaren Rahmen bleiben.
Literatur
Siehe Abschlußbericht
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