Agrarforschung
Untersuchungen zum Einsatz von Rapsöl und Rapsölprodukten im
landwirtschaftlichen Bereich
Universität Hohenheim/ Landesanstalt für landwirtschaftliches Maschinen- und Bauwesen
Dipl. Ing. K. Maurer
April 1992 - Juni 1995
Problemstellung
Auf Stillegungsflächen kann Raps als nachwachsender Rohstoff angebaut werden. Neben den damit verbundenen ackerbaulichen Vorteilen ist für die Wirtschaftlichkeit eine möglichst hohe Wertschöpfung aus der Rapssaat anzustreben, um langfristig die mit der Nutzung von Rapsöl verbundenen Umweltvorteile nutzen zu können. Die dezentrale Rapsölgewinnung nach dem Kaltpressverfahren und Nutzung des Rapsöls im Non-Food-Bereich in der Region des Rapsanbaus wurde als notwendig erachtet. Nur einfache Technologie und Aufbereitungsmaßnahmen können dabei zur Anwendung kommen.
Ziel
Unter wirtschaftlich realistischen Rahmenbedingungen sollte die Verwendung von Rapsöl in naturbelassener Form sowie durch Additivierung als Kraftstoff in verschiedenartigen Motorkonstruktionen erprobt werden. Auf einem landwirtschaftlichen Betrieb sollten ausschließlich Rapsölprodukte im Treibstoff-, Schmier-, Hydraulik- und Heizungsbereich eingesetzt und getestet werden. Insbesondere sollten die technische Realisierbarkeit geprüft und die Voraussetzungen für die Einführung von Rapsölprodukten in der Landwirtschaft geschaffen werden.
Untersuchungsmethode
Der Schwerpunkt der Untersuchung lag bei der Erprobung einer Rapsöl-Alkohol-Benzin-Mischung als Kraftstoff in Serienschleppern. Um die Risiken eines Feldversuchs abschätzen zu können, wurde zunächst ein 600-Stunden-Motortest auf dem Prüfstand an einem direkteinspritzenden Schleppermotor durchgeführt. Danach wurden 7 Schlepper verschiedener Hersteller auf landwirtschaftlichen Betrieben mit unterschiedlichen Einsatzbedingungen im Feldversuch getestet. Die Einsatzbedingungen wurden in einem Fahrtenbuch registriert. In umfangreichen Messungen wurden limitierte und nicht limitierte Schadstoffemissionen des Prüfstandmotors und von einigen Schleppern ermittelt. Weitere 3 Schlepper, die mit verbesserten pflanzenöltauglichen Spezialmotoren ausgestattet wurden, sind unter Praxisbedingungen erprobt und auf dem Zapfwellenprüfstand auf Leistung, Drehmoment und Kraftstoffverbrauch vermessen worden.
Mit Hilfe der ermittelten Kraftstoffkenndaten wurde der Motorwirkungsgrad bei Pflanzenölkraftstoffen und Diesel bestimmt. Zur Beurteilung der Dauerstandfestigkeit und Betriebssicherheit der Motoren wurden diese von Zeit zu Zeit durch Inspektionen und Teilzerlegungen bei einer Motorinstandsetzungsfirma fachlich begutachtet.
Die Brauchbarkeit von Rapsöl als Heizölersatz wurde in einem neuen Haushaltskessel mit einem Rapsölspezialbrenner getestet. Die Wartungsarbeiten und Kesselinspektionen führte der örtliche Installateur und der örtliche Kaminfeger aus.
Ergebnisse
Als Erkenntnis aus den Motorversuchen ist festzuhalten, daß die Verbrennungstemperaturen eines direkteinspritzenden Motors bei Teillast nicht ausreichen, um die Rapsöl-Tessol-Mischung (80% Rapsöl, 14% Testbenzin und 6% Alkohol) thermisch in gleichem Umfang wie Dieselkraftstoff umzusetzen, d.h. der energetische Motorwirkungsgrad ist bei Schwachlast und Rapsöl-Tessol-Kraftstoff schlechter als bei Diesel, im Mittellastbereich annähernd gleich und bei einer Motorauslastung von über 70% konnte eine sogar bessere energetische Umsetzung von Rapsöl-Tessol-Kraftstoff als bei Diesel festgestellt werden. Der bessere energetische Motorwirkungsgrad bei hoher Motorbelastung wird aufgrund der bei diesem Betriebszustand höheren Verbrennungstemperatur und der Tatsache, daß im Rapsöl ca. 12% Sauerstoff enthalten sind, erreicht. Es konnte an Hand der Aufzeichnungen in den Fahrtenbüchern eindeutig nachvollzogen werden, daß ca. 100 Stunden Schwachlastbetrieb unter 25% der installierten Motorleistung oder regelmäßige längere Talfahrten (Motorschubbetrieb) bei kaltem Schleppermotor ausreichen, um Ablagerungen im Motor zu verursachen, die zur Motorzerstörung führen. Nachdem aber die Motorauslastung der Schlepper in der Landwirtschaft in der Regel durchschnittlich nur zwischen 30% und 45% liegt, ist das mit der Verwendung des Rapsöl-Tessol-Kraftstoffes verbundene Risiko erheblich und ein Motorversagen vorprogrammiert. Nur bei einem Schlepper stellte sich der Motorschaden erst nach 500 Stunden Betriebszeit ein.
Solange der Motor seine ursprüngliche Leistung (ca. 4% unter der Dieselleistung) erbringt und die Düsen noch frei abspritzen können, sind die Emissionswerte bei Tessol-Kraftstoff, wie umfangreiche Messungen zeigten, vergleichbar mit den Werten, die bei Dieselkraftstoff oder RME erzielt werden.
Teilweise wurde ein schlechteres Kaltstartverhalten, insbesondere in der kalten Jahreszeit, festgestellt.
Bei der Rapsölheizanlage stellten sich gegenüber Heizölbetrieb vermehrt Störungen ein. Diese waren ebenfalls eine Folge einer unvollständigen Verbrennung bei den nur sehr kurzen Einzellaufzeiten des Brenners bei der Warmwasserbereitstellung. Deshalb ist es unabdingbar, wenn Rapsöl als Heizölersatz dienen soll, daß neben einem rapsöltauglichen Schwerölbrenner und einem Heizkessel mit sogenannter heißer Brennkammer insbesondere auch ein ausreichend groß dimensionierter Warmwasserpufferspeicher mit zu installieren ist. Die Ablagerungen im Brennraum des Kessels konnten infolge ihrer Beschaffenheit - teerähnliche zähe Masse - nicht mit den üblichen Werkzeugen entfernt werden. Spezialwerkzeuge und großer Zeitaufwand waren notwendig. Die Wartungsintervalle verkürzen sich auf höchstens ¼ des sonst üblichen Zeitintervalls. Dies bedeutet einen über 4-fachen Zeit- und Kostenaufwand für die Wartung.
Das in Erprobung befindliche Hydrauliköl auf Rapsölbasis ergab ebenso wie die Anwendung von Schmierstoffen (Sägekettenöl, Schmierfette) keine Probleme.
Die Ausstattung eines Schleppers mit aufgeladenem und ladeluftgekühltem Wirbelkammermotor zur Nutzung von naturbelassenem Rapsöl als Kraftstoff brachte gegenüber den bei früheren Vorhaben verwendeten Wirbel-Saugmotoren eine Erhöhung der Motorleistung von annähernd 30%. Der Wirkungsgrad war dennoch um 6% bis 8% schlechter gegenüber einem direkteinspritzenden Dieselmotor. Dies bedeutet einen um ca. 20% höheren Kraftstoffverbrauch. Der nachträgliche Einbau eines speziellen Pflanzenölmotors in einen Serienschlepper war weniger erfolgreich, obwohl der Motorwirkungsgrad mit 41% zufriedenstellte. Ständige motorperiphäre Probleme als Folge von Motorvibrationen waren dafür verantwortlich. Der Umbau eines Seriendieselmotors zu einem direkteinspritzenden Pflanzenölmotor wurde aus Zeit- und Kostengründen abgebrochen.
Folgerungen für die Praxis
Der untersuchte Kraftstoff Rapsöl-Tessol-Gemisch ist für moderne direkteinspritzende Dieselmotoren in landwirtschaftlichen Schleppern nicht zu empfehlen. Dagegen ist eine Verwendung als Kraftstoff für Dieselmotoren, denen eine gleichbleibend hohe Leistung abverlangt wird - dies ist beispielsweise bei Blockheizkraftwerken mit Netzeinspeisung der Fall - uneingeschränkt möglich. Vorerst ist nur die Verwendung von Rapsmethylester nach Rücksprache mit den Fahrzeugherstellern und meist bei nur geringfügigen Nachrüstmaßnahmen einzusetzen. Eine Verwendung von naturbelassenem Rapsöl als Kraftstoff ist erst sinnvoll, wenn Serienschlepper mit pflanzenöltauglichen Dieselmotoren, die auch den hohen Wirkungsgrad moderner direkteinspritzender Dieselmotoren aufweisen, kostengünstig angeboten werden.
Rapsöl scheidet wegen ungelöster technischer Probleme als Heizölersatz aus.
Dagegen ist eine Anwendung von auf Rapsölbasis hergestellten Hydraulikölen in landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten gut möglich. Jedoch ist dadurch der Einsatz dieser Maschinen und Geräte insoweit eingeschränkt, daß sie nur allein oder mit "gleich befüllten" eingesetzt werden können.
Schmierstoffe auf Rapsölbasis dagegen können problemlos eingesetzt werden.
Literatur: Abschlußbericht als Kurzfassung
Fördernde Institution: MLR |
Förderkennzeichen: 22 - 92 . 3 |