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Der Nudelmacher aus Konstanz

Georg Schönberger und seine Partnerin Hannah Müller präsentieren ein Blech mit frischen Nudeln
Die Nudeln kommen direkt aus dem Trockenschrank

Georg Schönberger produziert Nudeln in Konstanz. Seine Lieferanten kommen aus der Region. Solche Kooperationen auf- und auszubauen ist Aufgabe der Bio-Musterregion Bodensee, einem vom Land Baden-Württemberg geförderten Projekt der Landkreise Konstanz und Bodenseekreis. 

Im Konstanzer Gründerzentrum „Farm“ erwartet man junge IT-Unternehmen – aber einen Nudelmacher? Georg Schönberger und seine Partnerin Hannah Müller sind 2022 eingezogen und produzieren hier Nudeln aus Hartweizengries und Urdinkel. Während andere Gründer einfach ihre Rechner anschließen und loslegen, mussten Schönberger und Müller erst mal ein halbes Jahr an den Genehmigungen arbeiten – schließlich produzieren sie Lebensmittel. „Wir lieben Nudeln“, sagt Schönberger, der gelernte Koch, „sie sind vielseitig einsetzbar – von der Vorspeise bis zum Dessert.“  

Das Besondere an der Konstanzer Pasta: die Herstellung in Handarbeit nach dem Bronze-Verfahren. „Bei dieser traditionellen Methode bekommt die Nudel eine raue Oberfläche. So kann sie die Soße besser aufnehmen – ideal für Bolognese, Pesto und Tomate“, so Schönberger. Zur handwerklichen Herstellung gehört auch, dass die Nudeln in einem separaten Schrank luftgetrocknet werden. Das spart nicht nur Energie sondern schont auch die Inhaltsstoffe und die Konsistenz der Nudeln.

Im letzten Arbeitsschritt werden die Nudeln mit viel Liebe zum Detail von Hand verpackt. Eine Verpackungsmaschine käme für die Konstanzer Nudelmacher auch gar nicht Frage. „Das wäre eine Investition von 250.000 €“, schätzt Schönberger, und fügt lachend hinzu: “Dafür müssten wir erst noch ein paar Millionen Nudeln verkaufen.“

Georg Schönberger und Hannah Müller an ihrer Teigmaschine
Georg Schönberger und Hannah Müller an ihrer Teigmaschine

Das Prinzip der Natur: die Kreislauf-Wirtschaft

Nicht nur die Herstellung der Nudel ist etwas Besonderes: Alle Zutaten für die Urdinkel-Nudeln kommen direkt aus der Bodenseeregion. Das Bio-Getreide wird im Landkreis Konstanz von der Initiative „Hegaukorn“ angebaut und in der Engener Steigmühle zu Mehl verarbeitet. 

Die Landwirte kopieren dabei das Kreislauf-Prinzip der Natur: Auf den Wiesen wächst das Futter für das Vieh. Mist und Gülle aus der Viehhaltung liefern wiederum den organischen Dünger für den Ackerbau. So kommt kein mineralischer Dünger aus energieintensiver Herstellung zum Einsatz. Es dürfen dabei nicht zu viele Tiere sein, denn zu viel Mist könnten wiederum das Grundwasser und auch die Artenvielfalt schädigen.

Beim ökologischen Landbau ist die sogenannte Fruchtfolge sehr wichtig – denn jede Pflanze braucht ihren eigenen Nährstoffcocktail aus dem Boden. „Wenn die Kartoffel oder der Weizen viel herausgezogen hat, dann wird es eben wieder einmal Zeit für eine Leguminose wie die Ackerbohne“, erklärt Gerhard Riesterer aus Hilzingen, einer von acht Landwirten, die sich in der Initiative Hegaukorn zusammengeschlossen haben. 

So gedeiht der Urdinkel für die Nudeln, aber auch andere Getreidesorten, etwa für das Bio-Bier der Brauerei Ruppaner oder die selbst gebackenen Kucken des Konstanzer Café Voglhaus und die Natur profitiert davon. 

Weber freut sich, dass er seine Ernte nur ein paar Kilometer zur Steigmühle fahren muss. Nicht nur, weil er weiß, wer sein Korn mahlt. Es geht ihm auch um die kurzen Transportwege, die Kosten sparen und CO2-Emissionen vermeiden. Karin Leiber betreibt die Steigmühle in Engen und setzt ebenfalls auf gute Qualität, traditionelles Handwerk und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Erzeugern und all denen, die ihre Mehle weiterverarbeiten.

Lanwirt Gerghard Riesterer steht in einem Dinkel-Feld und betrachtet lächelnd eine Ähre.
Landwirt Gerhard Riesterer sorgt mit seinem biologischen Anbau nicht nur für gutes Getreide, sondern auch für Landschaftspflege

Müllerin Karin Laiber arbeitet an einem Mehlsack.
Müllerin Karin Leiber weiß, woher das Korn kommt und was aus ihrem Mehl wird, zum Beispiel die Urdinkel-Nudel

Regionale Wertschöpfung – gefördert vom Land 

Solche kurzen Wege sind in der Lebensmittelbranche die Ausnahme und erfordern erst einmal viel Vernetzung und Abstimmung. Da weder die Landwirte, noch die Müllerin oder der Nudelmacher dafür die nötigen Kontakte und die Zeit haben, übernimmt das Rainer Grimminger. Seine Stelle als Regionalmanager der Bio-Musterregion Bodensee wird von den Landkreisen Konstanz und Bodenseekreis mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg finanziert. 

Die einfache Idee, hochwertige Produkte aus der Region auch in der Region weiterzuverarbeiten und zu vermarkten, bringt aber noch weit mehr als Gaumenfreuden: „Der biologische Anbau des Getreides sorgt für gute Böden und Artenvielfalt. Die sorgsame Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft am Bodensee und im Hegau. Und die Produktion regionaler Lebensmittel schafft ein verlässliches Einkommen für die Landwirte in der Region und ein kleines bisschen Unabhängigkeit von den globalen Märkten“, erklärt Grimminger den Nutzen des Projekts. 

Der Weg zum Traum-Haupt-Beruf

Bisher haben die Nudelmacher aus Konstanz Hartweizen-Nudeln produziert. Mit Hilfe des Regionalmanagements und der Initiative Hegaukorn haben sie nun auch ihre eigene Urdinkel-Linie entwickelt. Sie vertreiben ihre Nudeln über einen Online-Shop und rund zehn Verkaufsstellen in der Konstanz. Noch sind das Sortiment und die Mengen überschaubar. Denn Georg Schönberger und Hannah Müller widmen sich ihrem Traum bisher nur im Nebenberuf. Nach fünf Jahren müssen sie aus der Farm ausziehen. Bis dahin möchten sie ihr Angebot ausbauen und irgendwann nur noch vom Nudelmachen leben – vielleicht sogar mit einem kleinen Laden, auf jeden Fall in Konstanz und mit Zutaten aus der Bodenseeregion. 

Georg Schönberger beim letzten Arbeitsschritt: die Nudeln werden handverpackt
Letzter Arbeitsschritt: die Nudeln werden handverpackt

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